Tim Lutz
31. Mai 2023

Maverick Buying

Wenn einzelne Fachabteilungen im Unternehmen Waren im Alleingang bestellen, ohne dabei den Einkauf mit einzubeziehen oder ihn zumindest zu informieren, spricht man von Maverick Buying. In vielen Firmen ist der „wilde Einkauf“ keine Seltenheit. Dabei kann Maverick Buying Mehrkosten von bis zu 15 % für Unternehmen bedeuten. In diesem Beitrag erhalten Sie einen Überblick über die Ursachen von Maverick Buying und wie Sie es verhindern können.

Ursachen von Maverick Buying

Es gibt verschiedene Gründe, die Abteilungen dazu veranlassen, eigenmächtige Bestellungen am Einkauf vorbei durchzuführen. Im Folgenden habe ich die Gängigsten für Sie aufgelistet:

  • Abteilungen möchten zeitlich begrenzte Sonderangebote nutzen und daher den Einkaufsprozess beschleunigen.
  • Die Fachabteilung muss schnell auf Termindruck reagieren und möchte den Einkaufsprozess darum beschleunigen.
  • Die Fachabteilung verspricht sich mehr Flexibilität im Einkauf, wenn sie sich den Vorgaben der Einkaufsabteilung entzieht.
  • In der Fachabteilung herrscht Unkenntnis oder Unzufriedenheit über bestehende Beschaffungsprozesse, Rahmenverträge und Vorgaben, die der Einkauf stellt.
  • Es gibt kein C-Teile Management, also keine Verwaltung für Materialien, die einen geringen Wert, aber eine hohe Beschaffungsmenge haben, wie beispielsweise Bürobedarf, Werkzeuge oder Arbeitsschutzkleidung.
  • Unkenntnis über die Berechnung des Total Cost of Ownership (TCO), die für Kaufentscheidungen zur Rate gezogen wird und die Kosten des gesamten Lebenszyklus eines Produktes oder einer Dienstleistung beschreibt.

Oft ist den Mitarbeitern nicht bewusst, welchen Schaden sie durch ihren Alleingang anrichten können. Womöglich gehen sie davon aus, den Einkauf zu entlasten.

Folgen von Maverick Buying

Durch den eigenmächtigen Beschaffungsprozess der Fachabteilungen entstehen Unternehmen im Schnitt Mehrkosten von bis zu 15 %. Diese können sich wie folgt zusammensetzen:

  • Höhere Einkaufspreise aufgrund kleiner Stückzahlen und ungenügender Preisverhandlungen
  • Höhere Kosten durch eventuelle Reklamationen, die nicht voll erstattungsfähig sind
  • Schadenersatzforderungen des Lieferanten wegen Vertragsbruch
  • Mehrarbeit für den Wareneingang, die Buchhaltung und die Rechnungsprüfung

Weiterhin kann es passieren, dass Sie durch Maverick Buying langjährige Lieferanten verärgern und somit auch Ihrem Image schaden.

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Maverick Buying erkennen und messen

Es gibt 3 Grundformen von Maverick Buying, deren Kenntnis dabei hilft die Stellen des wilden Einkaufs ausfindig zu machen:

  1. Abteilungen bzw. Mitarbeiter suchen ihre Lieferanten selbst aus, ohne die Einkaufsabteilung miteinzubeziehen
  2. Der Einkauf wird zu spät in den Beschaffungsprozess eingebunden
  3. Abteilungen bzw. Mitarbeiter bestellen zwar bei freigegebenen Lieferanten, aber nutzen ausgehandelte Verträge und deren Vorteile nicht.

Diese 3 Grundformen bilden die Basis für Kennzahlen zur Messung von Maverick Buying.

  • Die Maverick-Buying-Quote gibt Auskunft über die Menge an Bestellungen, die ohne Einkaufsabteilung getätigt werden. Hier wird das Einkaufsvolumen dem Finanzvolumen mit Lieferanten gegenübergestellt. Ist das Finanzvolumen höher als das Einkaufsvolumen, so beschreibt die Differenz die Einkäufe, die ohne Einkaufsabteilung getätigt wurden. Die Grundformen 1 und 2 lassen sich hieraus herleiten.
  • Die Vertragsnutzungsquote sagt aus, bei wie vielen Bestellungen Vertragskonditionen verwendet wurden.
  • Die Preis-Compliance-Quote zeigt wiederum an, wie viele Bestellungen ohne Vertragskonditionen getätigt wurden.
  • Die Konditions-Compliance-Quote gibt Auskunft darüber, inwieweit die angewandten Vertragskonditionen in getätigten Bestellungen mit den ausgehandelten Konditionen übereinstimmen.

Welche Rolle spielt die Kommunikation beim Maverick Buying?

Eine effektive Kommunikation ist entscheidend für den Erfolg des Einkaufsprozesses. Hier sollte der Einkauf mit den Fachabteilungen zusammenarbeiten, um ihre Bedürfnisse zu verstehen und die Auswahl der Lieferanten abzustimmen. Rahmenverträge mit geeigneten Lieferanten ermöglichen eine bessere Organisation und Kontrolle des Einkaufsprozesses.

Bei speziellen Anforderungen oder dringendem Bedarf ist eine klare Kommunikation zwischen Einkauf und Fachabteilungen von entscheidender Bedeutung. Dabei bringen die Fachabteilungen ihr Fachwissen über benötigte Materialien oder Dienstleistungen ein, während der Einkauf sein Know-how in Analyse, Auswahlverfahren und Verhandlungen einbringt.

Eine transparente Kommunikation schafft Vertrauen und ist der Schlüssel zum Erfolg. Schließlich minimiert die Zusammenarbeit zwischen Einkauf und Fachabteilungen Maverick Buying und ermöglicht eine effiziente Beschaffung. Vor allem vermeiden ein regelmäßiger Austausch und klare Kommunikationswege Missverständnisse und verbessern die Effizienz des Einkaufsprozesses.

Eine effektive Kommunikation bildet somit eine Grundlage, auf der Unternehmen Maverick Buying in den Griff bekommen können.

Maverick Buying vermeiden

Compliance im Einkauf

Der Begriff Compliance beschreibt die Regeltreue bzw. die Einhaltung von Richtlinien. Um Maverick Buying zu vermeiden, sollten Sie klare Regeln und Strukturen bzgl. des Einkaufs einführen und diese transparent mit allen Abteilungen kommunizieren. Sie könnten beispielsweise eine Step-by-Step-Verhaltensrichtlinie für Bestellungen erstellen, die verbindlich für jeden Mitarbeiter gilt.

Bestellvorlagen

Sorgen Sie zudem für „kurze Wege“ bei Bestellungen über die Einkaufsabteilung. So könnten Sie beispielsweise eine für alle Mitarbeiter zugängliche Bestellvorlage etablieren, die Ihre Mitarbeiter schnell an den Einkauf weiterleiten können.

Katalogbeschaffung

Mit einer Katalogbeschaffung vermeiden sie ineffiziente Bestellungen mittels Freitextbestellungen. Dabei werden freigegebene Produkte von Geschäftspartnern und Lieferanten in einem analogen oder digitalen Katalog gespeichert. So wissen auch Mitarbeiter, bei wem sie was bestellen können.

Schulungen und Kontrollinstanzen

Der Aufgabenbereich der Einkaufsabteilung muss klar definiert und transparent sein. Unternehmensinterne Schulungen der einzelnen Fachabteilungen steigern die Akzeptanz und Transparenz eines einheitlichen Einkaufsprozesses. Pro Abteilung könnten Sie einen Mitarbeiter bestimmen, der kontrolliert, dass die Maßnahmen eingehalten werden.

E-Procurement

Zuletzt empfehle ich Ihnen noch die Verwendung von elektronischen Lösungen wie E-Procurement-Systemen (z. B. SAP Ariba), die Ihnen auf digitalem Weg helfen, den Einkaufsprozess effizienter zu gestalten und Kosten zu sparen. In einem intuitiv bedienbaren System können Sie all Ihre Bestellungen zentral erfassen und Optimierungen vornehmen. Auch wir von Mindlogistik bieten eine E-Procurement-Lösung – eine Art unternehmensinternen Webshop – an, die sich leicht in Ihr ERP-System integrieren lässt.

E-Procurement ist die Antwort auf fast alle Fragen in der Beschaffung. Ein E-Procurement-System steigert die Effizienz im Einkauf, senkt Kosten und beugt Maverick Buying vor.

Fazit

Maverick Buying bedeutet, dass einzelne Fachabteilungen Bestellungen vornehmen, ohne den Einkauf dabei (rechtzeitig) einzubeziehen. Ohne das Knowhow der Einkaufsabteilung gehen Ihrem Unternehmen erhebliche Einsparungspotenziale verloren. Im schlimmsten Fall können Ihre Lieferanten sogar Schadenersatzforderungen wegen Vertragsbruch von Ihnen fordern. Maverick Buying kann also nicht nur Ihren Konten, sondern auch Ihrem Image schaden.

Um den Alleingang einzelner Fachabteilungen zu vermeiden, braucht es vor allem klar definierte Abläufe, Compliance sowie eine transparente Kommunikation dieser Abläufe und Zuständigkeiten mit Ihren Mitarbeitern. Auch elektronische Lösungen wie E-Procurement-Systeme können Ihnen und Ihren Mitarbeitern durch automatisierte Prozesse viel Arbeit abnehmen und Einsparungspotenziale realisieren.

FAQ

Was ist Maverick Buying?

Maverick Buying beschreibt den Vorgang, wenn einzelne Fachabteilungen im Unternehmen Waren im Alleingang bestellen, ohne dabei den Einkauf mit einzubeziehen oder ihn zumindest zu informieren. Dies kann zu Mehrkosten führen.

Wie entsteht Maverick Buying?

Maverick Buying entsteht häufig, wenn es um Zeit geht, seien es zeitlich begrenzte Sonderangebote oder Termindruck. Oftmals sind einzelne Fachabteilungen aber auch unzufrieden mit den aktuellen Beschaffungsprozessen oder C-Teile wie Bürobedarf haben keine Verwaltung und werden schlicht auf eigene Faust bestellt.

Welche Folgen hat Maverick Buying?

Wenn Fachabteilungen einen eigenmächtigen Beschaffungsprozess durchführen, können Mehrkosten entstehen, teilweise bis zu 15%. Diese bestehen meist aus höheren Einkaufspreisen aufgrund der niedrigen Stückzahlen und mangelnder Preisverhandlung und der damit verbundenen Mehrarbeit für Wareneingang, Buchhaltung und Rechnungsprüfung.

Wie lässt sich Maverick Buying vermeiden?

Um Maverick Buying zu vermeiden, sollten zunächst klare Regeln und Richtlinien bezüglich des Einkaufs aufgestellt werden. Des Weiteren sollte ein E-Procurement-System eingeführt werden, um letztendlich den gesamten Beschaffungsprozess übersichtlicher und effizienter zu gestalten.

Tim Lutz

Tim Lutz

Mein Name ist Tim Lutz und ich bin der Bereichsleiter IT für Produktion und Logistik. Ich beschäftige mich schon seit vielen Jahren mit Logistiklösungen im SAP Umfeld.

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