Tim Lutz
20. Januar 2020

Kuppelproduktion mit SAP PP und SAP ME [inkl. Beispiel]

Produktion

Unternehmen, die während eines Arbeitsvorgangs mehrere Produkte parallel und gleichzeitig auf dem gleichen Arbeitsplatz fertigen, nutzen häufig mehr als einen Fertigungsauftrag, um dies systemseitig abzubilden. Neben einer ungenauen Kapazitätsverfügbarkeitsprüfung kann es auch beim Einsatz von SAP ME (Manufacturing Execution) zu Herausforderungen kommen, da an einem Arbeitsplatz nicht mehrere Fertigungsaufträge gleichzeitig gestartet werden können. Mit Hilfe der SAP Kuppelproduktion und der Abbildung über einen einzigen Fertigungsauftrag kann diese Herausforderung gelöst werden.

Was ist die Kuppelproduktion?

Von einer Kuppelproduktion wird gesprochen, wenn ein Unternehmen in der Produktion mehrere Produkte während eines einzelnen Arbeitsvorgangs herstellt. Diese Produkte werden Kuppelprodukte genannt. Für die Herstellung von Kuppelprodukten können sowohl Fertigungs- als auch Prozessaufträge genutzt werden.

In der Regel wird in der Kuppelproduktion ein Hauptprodukt hergestellt, welches auch im Kopf eines Fertigungsauftrages aufgeführt wird. Zusätzlich hat in der Kuppelproduktion das Hauptprodukt auch eine Auftragsposition.

Kuppelprodukte sind die Produkte, die neben dem Hauptprodukt in der Fertigung entstehen. Der Unterschied zu Nebenprodukten ist, dass jedes Kuppelprodukt im Fertigungsauftrag einen eigene Auftragsposition zugeordnet bekommt. Dies ermöglicht eine Zuordnung von IST-Kosten auf Kuppelproduktebene.

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Voraussetzungen an die Kuppelproduktion mit SAP

Um die Kuppelproduktion mit SAP nutzen zu können, sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

  • In der Dispositionssicht des Hauptproduktes muss das Kennzeichen für “Kuppelprodukt” angehakt sein
  • In der Dispositionssicht des Kuppelproduktes/der Kuppelprodukte muss das Kennzeichen für “Kuppelprodukt” angehakt sein
  • Die Stückliste des Hauptproduktes muss soweit angepasst werden, dass alle Kuppelprodukte in dieser vorhanden sind – bei Anlage eines Fertigungsauftrages werden dann die Stammdaten gezogen
  • Jedes Kuppelprodukt muss in den Grunddaten der Materialstücklistenposition das Kennzeichen für Kuppelprodukt gesetzt haben. Dies ist in “Allgemeine Daten” zu finden.
  • Nebenprodukte (keine Kuppelprodukte) müssen ebenfalls in der Materialstückliste des Hauptproduktes enthalten sein
  • In der Stücklistenposition werden Nebenprodukte mit einer negativen Menge gepflegt
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Kuppelproduktion mit SAP Manufacturing Execution

Unternehmen, die Kuppel- und Nebenprodukte bisher mit Hilfe von mehreren Fertigungsaufträgen gefertigt haben, waren mit SAP ME nicht in der Lage mehr als einen Fertigungsauftrag gleichzeitig auf einem Arbeitsplatz zu starten. Grund dafür ist, dass durch einen Fertigungsauftrag die Kapazitäten bereits belegt sind und somit das Starten eines zweiten Fertigungsauftrags nicht möglich ist.

Mit der Kuppelproduktion können Unternehmen bereits im SAP PP die Voraussetzung dafür schaffen, dass nur ein Fertigungsauftrag für die Fertigung von Haupt- und Kuppelprodukten als digitaler Zwilling an SAP ME übergeben werden. Dort wird dieser dann wie ein regulärer Fertigungsauftrag behandelt. Rückmeldungen werden auf Positionsebene durchgeführt und zurück an SAP ERP gemeldet.

Somit sind auch alle BDE Funktionalitäten ohne Einschränkung nutzbar. Relevante Daten wie z.B. Fertigungsauftrag, Stücklisten oder Arbeitsplätze können wie gewohnt über die SAPMEINT Schnittstelle von SAP ERP bzw. SAP S/4HANA an SAP ME übergeben werden. Hat ein Unternehmen eine eigenentwickelte Schnittstelle, müsste diese einmal auf den Einsatz von Stücklisten mit Kuppelprodukten überprüft werden.

Beispiel

Fertigungsauftrag & Verfügbarkeitsprüfungen

Sie legen einen Fertigungsauftrag immer für das Hauptprodukt (hier: T-COP) an, welches dann i.d.R. die Postion 0000 hat. In der Stückliste (Komponentenübersicht) können Sie dann zwischen den benötigten Komponenten und den parallel gefertigten Kuppelprodukten unterscheiden (hier: T-COP1, T-COP2, T-COP3).

Fertigungsauftrag anlegen: Komponentenübersicht

In den Auftragspositionen kann auch die Abrechnungsvorschrift verändert werden. Die Kosten werden dann im Auftragskopf zur Abrechnung gesammelt. Über die prozentuale Verteilung (Äquivalenzziffer) werden dann die Kosten auf die einzelnen Kuppelprodukte verteilt.

Abrechnungsvorschrift pflegen: Übersicht

Bei Auftragsfreigabe wird entsprechend den Eckterminen die Materialverfügbarkeit und Kapazitätsverfügbarkeit geprüft. Hier wird auch immer die Materialstückliste als Grundlage herangezogen – Äquivalent zur Fertigung eines einzelnen Produktes. Die Kuppelprodukte werden i.d.R. retrograd bei Rückmeldung des Auftrags entnommen.

Für die Kuppelproduktion müssen ein paar Voraussetzungen geschaffen werden und ich würde empfehlen hier einmal das Customizing zu prüfen (Prüfregeln für Verfügbarkeitsprüfung etc.).
Ich hatte auf unserem System beispielhaft das Customizing ergänzt.

Neue Einträge: Detail Hinzugefügte

Je nachdem, wie Sie aktuell die Materialien pflegen, müssen auch Materialstämme und Stücklisten angepasst werden.

Prüflose

Es ist möglich innerhalb eines Fertigungsauftrages Prüflose für die einzelnen Kuppelprodukte anzulegen. Hierzu wird allerdings für jedes Kuppelprodukt ein Prüflos erstellt (wenn Sie also 2 Produkte pro Fertigungsauftrag hätten, würden 2 Prüflose erstellt werden).

Innerhalb eines Fertigungsauftrages Prüflose für die einzelnen Kuppelprodukte anlegen

Wann genau die Prüflose erstellt werden, können wir im Materialstamm der einzelnen Produkte einstellen. In meinem Beispiel beim Wareneingang der Produkte zum Fertigungsauftrag.

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Fazit

Neben der Zuordnung von Haupt- und Kuppelprodukten zu unterschiedlichen Abrechnungsempfängern ermöglicht die Kuppelproduktion in SAP auch eine gleichzeitige Buchung von Warenbewegungen für alle Produkte, die innerhalb eines Fertigungsauftrags hergestellt werden. Wenn ein Unternehmen SAP ME im Einsatz hat und mehrere Produkte fertigt, muss dennoch nur ein Fertigungsauftrag als digitaler Zwilling an ME übergeben werden. Da in SAP ME nur ein Fertigungsauftrag auf einer Ressource gleichzeitig laufen kann, kommt es hierbei zu keinen Kapazitätsengpässen mehr.

Wenn Sie ähnliche Herausforderungen haben, einen Einsatz der Kuppelproduktion evaluieren möchten oder Fragen zur Fertigung mit SAP ME haben, dann kontaktieren Sie mich gerne per Telefon oder Mail. Ich freue mich mit Ihnen über Ihre Fragestellungen sprechen zu dürfen.

Tim Lutz

Tim Lutz

Mein Name ist Tim Lutz und ich bin der Bereichsleiter IT für Produktion und Logistik. Ich beschäftige mich schon seit vielen Jahren mit Logistiklösungen im SAP Umfeld.

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