Bestandsmanagement
Inhaltsverzeichnis
Was ist das Bestandsmanagement?
Hohe Kosten im Lager sind für viele Unternehmen keine Neuheit. Gerade für den Bestand bringen Firmen viel Geld auf. Es gilt, eine stetige Lieferbereitschaft bei niedrigen Lagerbeständen zu sichern. Die Bestandsführung bzw. das Bestandsmanagement ist eine speziell darauf ausgerichtete Praktik. Im genaueren hilft sie dabei weiter, den Bestand zu prüfen, auf potenzielle Bestellungen vorzubereiten und den verknüpften Materialfluss zu steuern.
Herausforderungen des Bestandsmanagements
Beim Bestandsmanagement sind Sie auf viele äußere Faktoren angewiesen. Neben Produzenten, Händlern und Zulieferern haben Naturereignisse oder politische Entscheidungen Einfluss auf Ihr Bestandsmanagement. Sollten Engpässe aufkommen oder eine Lieferung nicht möglich sein, gibt es für Sie keine neuen Materialien. Ihr Bestand reicht in dem Falle nicht aus, um auf Bestellungen reagieren zu können.
Im Vertrieb sind hohe Bestände gewollt, um die Verkaufszahlen so hoch wie möglich zu halten. Des Weiteren streben Mitarbeiter im Vertrieb kurze Lieferzeiten wie beim Vorreiter Amazon an. Das Controlling hingegen arbeitet auf einen möglichst niedrigen Bestand hin, um hohe Lagerkosten einzusparen. Überbestände sind besonders kostenintensiv. Es ist demnach wichtig, eine Balance zwischen Unter- und Überbeständen zu sichern. Zudem sollten Sie kurze Produktions- bzw. Lieferzeiten für den Kunden einhalten.
Hauptaufgabe des Bestandsmanagements
Die Hauptaufgabe des Bestandsmanagements ist die Bestandsoptimierung. Mit der Optimierung des Bestandes sind drei Schritte verbunden: das Forecasting, die Bestandsoptimierung und das Stock Replenishment.
Forecasting
Im Forecasting geht es darum einzuschätzen, wie hoch ein Bedarf für ein bestimmtes Produkt oder seinen Materialien sein wird. In erster Linie stützt sich die Prognose auf Bedarfe aus der Vergangenheit.
Dabei müssen Unternehmen den Lebenszyklus bzw. das Bedarfsmuster des Marktes mit einbeziehen. Bei der Veröffentlichung im Markt beginnt der Lebenszyklus jedes Produktes. Je nach Marktlage durchläuft das Produkt mit der Zeit verschiedene Phasen, in der eine hohe oder besonders niedrige Nachfrage besteht. Der Lebenszyklus des Produktes ist dann beendet, wenn sich das Produkt für den Produzenten nicht mehr rechnet. Er muss an diesem Punkt die Produktion des Produktes einstampfen.
Beim Lebenszyklus ist ein Produkt von Trends oder Saisonalitäten abhängig. Beispielsweise können sich Schokoladenhersteller darauf einstellen, dass im Winter Nikoläuse und im Frühling Schokohasen gut ankommen. Sollten Trends aufkommen, können Sie auf diese im besten Fall reagieren. Idealerweise haben Sie dafür einen guten Blick auf das Marktgeschehen, um rechtzeitige Bestellungen für neue Materialien aufzugeben.
Ein weiterer Indikator für eine Bestandsoptimierung sind geplante Werbekampagnen. Da es ein von Ihnen ausgeführter Einfluss auf Ihre Bedarfsplanung ist, können Sie sich darauf frühzeitig in der Produktion und der Logistik vorbereiten.
Inventory Optimization (Bestandsoptimierung)
Bei der Inventory Optimization oder Bestandsoptimierung ziehen Sie die Erkenntnisse aus dem ersten Schritt heran, um die Frage zu beantworten, welche Produkte oder Materialien Sie auf Lager haben sollten.
Hier ist eine erweiterte Methode der ABC-Analyse ein beliebter Ansatz. Bei der ABC-Analyse geht es um die Einteilung der Materialien nach ihrer Wichtigkeit. Die erweiterte Methode, die ABC/XYZ-Analyse, kombiniert die Wichtigkeit der Materialien mit ihrer Nachfrage. „Z“ kennzeichnet eine geringe bzw. schwer einschätzbare Nachfrage und „X“ eine hohe bzw. konstante Nachfrage. „Y“ bildet einen Mittelwert bzw. die durchschnittliche Nachfrage.
Je wichtiger das Produkt, desto schneller sollten Sie es absetzen. Während die Wichtigkeit eines Materials aus der Positionierung oder Nische des Unternehmens resultiert, hilft das Forecasting bei der Durchführung der XYZ-Analyse.
Nachdem ein Unternehmen die potenzielle Nachfrage eines Produktes eingeschätzt hat, hält es fest, wie hoch seine Lieferbereitschaft für einen bestimmten Zeitraum sein soll. Das bedeutet, wie viele Produkte es sicher herstellen und ausliefern wird. Daraus ergibt sich die Höhe des Sicherheitsbestands an einem gegebenen Zeitpunkt. Mit dieser Info kann das Unternehmen nun einschätzen, wie hoch die Bestellmenge an verschiedenen oder einem Bestellzeitpunkt sein soll.
Beispiel
Die Schokoladenherstellerin Meier führt bereits im Oktober ein Forecasting aus, um einzuschätzen, wie hoch die Nachfrage der Schokohasen im kommenden Frühling sein wird. Frau Meier ermittelt mithilfe des Forecastings eine Nachfrage von ca. 15.000 Schokohasen. Dabei hat sie sich vorrangig auf die Bestellzahlen aus dem vergangenen März gestützt.
Als Nächstes legt sie mit ihrem Team fest, wie hoch ihre Lieferbereitschaft für den kommenden März sein wird – also wie viele Schokohasen sie sicher herstellen und bereitstellen kann. Hier einigt sie sich mit ihrem Team auf einen Prozentsatz von 97%. Somit benötigt sie für den kommenden Frühling ca. 14.500 Schokohasen. Mit der Info kann sie nun an verschiedenen Zeitpunkten Zutaten wie Milch, Kakao und Zucker einplanen, bestellen und lagern. Aus den resultierenden gelagerten Materialien ergibt sich ein Sicherheitsbestand.
Stock Replenishment
Im letzten der drei Schritte geht es beim Stock Replenishment darum, die Lagerung der Materialien einzurichten. Je nachdem, ob Sie Materialien beispielsweise zum Produktionsstandort hinzufügen oder extern produzieren/bestellen wollen, resultiert daraus eine Umlagerungsstrategie.
Weitere Aufgaben im Bestandsmanagement
Überwachung
Die Überwachung des Bestandes ist ein sehr wichtiger Teil der Bestandskontrolle. Das Ziel ist dabei, den Status der Waren mittels einer Inventur festzuhalten. Die Bestandskontrolle ist mit der Bestandsverwaltung stark verwoben. Mitarbeiter erfassen dazu die Beschaffung bzw. den Verkauf der Produkte. Außerdem halten sie in der Bestandskontrolle den Mindest- bzw. Meldebestand fest. Das ist der Schwellenwert, an dem sie Bestellungen zum Auffüllen des Bestandes einrichten.
Des Weiteren strebt die Bestandskontrolle ein Geleichgewicht zwischen ein- und ausgehenden Artikeln an. Darauf stützen sich weitere Prozesse im Bestandsmanagement wie das Forecasting bzw. die Bestandsoptimierung.
Ein zentraler Prozess der Überwachung ist die Inventur. Hier halten Mitarbeiter den momentanen Bestand fest. Die Inventur kann dabei zyklisch oder permanent verlaufen. Die Bestandsprüfer unterteilen bei der zyklischen Inventur ein Lager und die gelagerten Materialien in verschiedene Gruppen ein und überprüfen diese regelmäßig. Bei der permanenten Inventur hingegen halten sie einmal im Jahr den Bestand fest. Von dem Punkt an erfassen sie jeden Ab- und Zugang der Materialien.
Materialfluss
Unternehmen müssen den Materialfluss von der Beschaffung, über die Produktion bis zur Lagerung und Lieferung der angefertigten Produkte sicherstellen. Strichcodes helfen dabei, einen Überblick zu behalten, in welchem Abschnitt ein Material oder Produkt zu einem gegebenen Zeitpunkt ist. Mitarbeiter scannen diese an jedem neuen Abschnitt ab, damit im System erkenntlich ist, in welchem Produktions- oder Lagerschritt ein Material momentan ist. Das schafft einen Überblick und eine Entscheidungsgrundlage für Prozesse in Logistik und Produktion.
Varianten des Bestandes im Überblick
Im Bestandsmanagement ist es hilfreich, zwischen verschiedenen Varianten des Bestandes – dem Lagerbestand, dem Buchbestand und Pipelinebestand – zu unterscheiden.
Lagerbestand
Der Lagerbestand beruht auf einer Inventur und den damit erfassten Materialien bzw. Produkten im Lager. Dieser ist wesentlich exakter als der Buchbestand. Allerdings können auch hier unerwartete Ereignisse eintreten, die den tatsächlichen Bestand verzerren. Darum ist es ratsam, eine regelmäßige Inventur durchzuführen, um auf dem neusten Stand zu bleiben.
Buchbestand
Der Buchbestand stützt sich auf einem erfassten Lagerbestand und den darauf erfolgten Geschäftsprozessen. Darunter fallen unter anderem die Zu- und Abgänge aller Produkte bzw. Materialien. Aus den Berechnungen resultiert ein aktueller Bestand, der sich vom Lagerbestand unterscheiden kann. Unerwartete Ereignisse oder Erfassungsfehler tragen dazu bei, dass es Differenzen zwischen Lager- und Buchbestand gibt. Darum muss mindestens in einem jährlichen Abstand eine Inventur erfolgen, die den Buchbestand auf einen aktualisierten Stand bringt. Der Buchbestand hilft dabei weiter, die Logistikprozesse auf lange Sicht festzuhalten.
Pipelinebestand
Der Pipelinebestand besteht aus Materialien, die im Umlauf und an keinem konkreten Standort sind. Darunter fallen beispielsweise noch nicht eingetroffene Materialien bzw. Produkte. Des Weiteren zählen zum Pipelinebestand Materialien, die auf dem Weg zur Produktion sind. Auf Basis des Pipelinebestands können Unternehmen Entscheidungen für strategische Puffer entlang der Produktionskette einrichten. Die strategischen Puffer sind Bestände, auf die ein Unternehmen bei unerwartet hoher Nachfrage zurückgreifen kann, um einen Bullwhip-Effekt zu vermeiden.
SAP-Lösungen für das Bestandsmanagement
SAP APO
SAP APO ist darauf ausgerichtet, die Planungen der Produktion, der Verfügbarkeit und dem Transport von Materialien bzw. Produkten zu optimieren. Dabei liegt der Fokus darauf, die Flexibilität der Lieferkette zu erhöhen und die Geschwindigkeit der Warenflüsse zu verbessern. In dem Zuge optimieren Sie das Tempo der Warenein- und -ausgänge in Ihrem Lager.
SAP IBP
SAP IBP hilft bei der Planung für Sales, Operations, Bestand und Beschaffung. Die Software hilft dabei, die Effizienz des Supply Chain Managements zu steigern. Somit ermöglicht das Programm die optimale Bestandsplanung unter der Berücksichtigung von Prognosefehlern und Lieferunsicherheiten sowie eine Zuordnung von Sicherheitsbeständen zu den besten Standorten.
Vorteile des Bestandsmanagements
Viele Unternehmen haben Probleme damit, eine genaue Bedarfsplanung durchzuführen. Die Folge davon sind kostspielige Über- bzw. Unterbestände. Um in Zukunft auf Bedarfe reagieren zu können, hilft das Bestandsmanagement dabei, Prognosen zu erstellen und dementsprechend Bestellungen aufzugeben. Das Bestandsmanagement ermöglicht es Unternehmen, sinnvolle Sicherheitsbestände einzurichten, um den Einfluss von Engpässen oder Lieferkettenproblemen zu verringern.
Ein erfolgreich geführtes Bestandsmanagement hilft außerdem dabei, die Transparenz in Ihren Lageraktivitäten zu erhöhen. So können alle Mitarbeiter – wie zum Beispiel in Vertrieb und Controlling – auf einer soliden Grundlage handeln.
Ab einer gewissen Größe ist das Bestandsmanagement unerlässlich, da mit einer steigenden Größe eine Unübersichtlichkeit einhergeht. Das Bestandsmanagement bringt Klarheit in Zu- und Abgänge und den daraus resultierenden Lagerbeständen.
Fazit
Beim Bestand stehen viele Unternehmen vor der Herausforderung, kostspielige Überbestände zu vermeiden und gleichzeitig kurze Lieferzeiten einzuhalten. Das Bestandsmanagement hilft Ihnen bei der Aufgabe weiter. Prognosen und die Einrichtung von Sicherheitsbeständen können den Einfluss von internationalen Engpässen und Lieferkettenproblemen verringern. So haben Sie die Möglichkeit, mit der Zeit Ihre Produktions- und Logistikprozesse zu optimieren.
FAQ
Was gehört zum Bestandsmanagement?
Im Bestandsmanagement berechnen Sie Sicherheitsbestände, legen Bestellpunkte fest, führen eine Bedarfsplanung durch oder arrangieren die Lagerplätze neu.
Was ist das Bestandscontrolling?
Das Bestandscontrolling macht sich zur Aufgabe, das Bestands- bzw. das Vorratsvermögen zu steuern oder die Bestellprozesse bzw. die Lagerinfrastruktur zu planen.
Was macht ein Inventory-Planner?
Ein Inventory-Planner ist für die Bewegung der Produkte und ihren Materialien im Unternehmen verantwortlich. Für diesen Zweck organisieren und überwachen sie Inventuren.
Was ist eine Bestandssteuerung?
In der Bestandssteuerung entwickeln Sie Strategien und Regeln, um festzulegen, wie Sie Daten bezüglich der Dynamiken des Bestandes im Unternehmen bzw. Lager ermitteln.
Wenn Sie noch Fragen haben oder Anregungen zur Prozessoptimierung im Bestandsmanagement brauchen, kommen Sie gerne auf uns zu.