Mit der EU Green Claims Directive gegen das Greenwashing
Das Thema Nachhaltigkeit ist präsent wie nie und sowohl Unternehmen als auch Kunden werden damit konfrontiert. Besonders die Kundenseite achtet heutzutage immer mehr darauf, wo Ihre Produkte herkommen und woraus sie bestehen. Hierbei fällt auch hin und wieder der Begriff “Greenwashing”, also grob gesagt PR-Maßnahmen, die Unternehmen nachhaltiger darstellen als sie eigentlich sind. Mit der EU Green Claims Directive soll dieser Praxis jedoch in Zukunft Grenzen gesetzt werden...
Was ist die EU Green Claims Directive?
Die EU Green Claims Directive wurde am 22. März 2023 von der EU-Kommission vorgestellt und verkörpert eine Richtlinie, welche in Zukunft PR und Werbung mit Bezug auf Umwelt und Nachhaltigkeit stärker regulieren soll. Das soll dem Phänomen des “Greenwashings” entgegenwirken. Dieses beschreibt das aktive Werben mit Umweltfreundlichkeit, Nachhaltigkeit, CO2-Neutralität etc. für die eigenen Produkte, obwohl bei genauerem Hinsehen keinerlei Basis oder Fakten existieren, die diese Qualitäten belegen. Eine provisorische Einigung über die Richtlinie wurde am 19. September 2023 erreicht.
Vor allem in den letzten Jahren, in denen Nachhaltigkeit wirtschaftlich rapide an Bedeutung gewonnen hat, haben viele Unternehmen damit angefangen, ihre PR “grüner” zu gestalten. Das jedoch ohne oder nur mit minimalem tatsächlich grünem Hintergrund. Im Grunde handelt es sich hierbei um Irreführung. Diese war bisher jedoch nicht illegal, da all die Bezeichnungen rund um das Thema Nachhaltigkeit noch nicht gesetzlich definiert waren.
Wie sieht Greenwashing aus?
Im Folgenden haben wir üblichen Praktiken des Greenwashings aufgelistet:
- irreführende Etikettierung: Verwendung von Begriffen wie “natürlich”, “grün” oder “umweltfreundlich” ohne klare Belege und Definition.
- irreführende Bilder und Symbole: Nutzung von Bildern oder Logos, die Umweltfreundlichkeit suggerieren, ohne konkrete Untermauerung.
- unbelegte Umweltaussagen: Allgemeine Behauptungen zur Umweltfreundlichkeit ohne nachprüfbare Fakten.
- Ablenkung von umweltschädlichen Praktiken: Betonung geringfügiger, positiver Aspekte, um von umweltschädlichem Verhalten abzulenken.
- umweltfreundliche Verpackung: Betonung der Verpackung ohne Berücksichtigung umweltschädlicher Produkte oder Herstellungsprozesse.
- scheinbare Zusammenarbeit mit Umweltorganisationen: Falscher Eindruck einer Zusammenarbeit mit Umweltgruppen, um Vertrauen zu gewinnen.
Was soll die EU Green Claims Directive bewirken?
Wie bereits angeteasert, ist das große Ziel in erster Linie die Regulierung des Greenwashings, Kunden sollen in Zukunft glaubwürdige und transparente Informationen zu ihren Produkten erhalten und somit bewusstere Kaufentscheidungen treffen können. Bedeutet für Unternehmen, dass die sogenannten “Green Claims” stets wissenschaftlich und mit Fakten belegt sein müssen, bevor sie auf den Produktverpackungen landen.
Was kommt auf Unternehmen zu?
Um solche Aussagen treffen zu dürfen, müssen Unternehmen also zunächst nachweisen, dass diese auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren. Hierbei spielen u. a. Lebenszyklusanalysen (LCA) eine zentrale Rolle. Bisher wurde vor allem der von der EU entwickelte „Product Environmental Footprint“ (PEF) als Evaluierungsinstrument diskutiert. Allerdings ist PEF nicht als alleiniges Beurteilungsinstrument vorgesehen, und es steht noch nicht abschließend fest, welche weiteren Standards herangezogen werden können.
Im nächsten Schritt müssen Unternehmen dann ein Prüfsystem durchlaufen. Hierfür sollen externe Stellen eingerichtet werden, die die Angaben der Unternehmen überprüfen. Diese Stellen akkreditieren unabhängige Organisationen und erteilen nach erfolgreicher Prüfung der Unternehmensaussagen Konformitätsbescheinigungen. Erst nach Durchlaufen dieses Prozesses dürfen Unternehmen umweltbezogene Angaben für ihre Produkte oder Dienstleistungen machen.
Wer wird betroffen sein (und ab wann)?
Im Grunde soll die Richtlinie für sämtliche Unternehmen gelten, die mit solchen umweltbezogenen Claims werben. Ausnahmen sind Kleinunternehmen mit unter 10 Beschäftigten und weniger als 2 Mio. € Umsatz.
Momentan ist damit zu rechnen, dass die Richtlinie nicht vor Sommer 2024 verabschiedet wird, da eine konkrete Verhandlung erst im Frühjahr stattfinden soll.
Welche Maßnahmen gab es bisher?
Die Green Claims Directive ist jedoch nicht das einzige rechtliche Instrument, das sich mit umweltbezogenen Aussagen befasst. Auf nationaler Ebene verbietet das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bereits irreführende Aussagen, die falsche Erwartungen bei Verbrauchern hervorrufen. Jedoch war es bisher noch schwieriger, Aussagen mit losen Begriffen wie “umweltfreundlich”, “grün” etc. zu überprüfen, da dafür immer wieder Einzelprüfungen nötig wären.
Da stellt sich die Frage, was die neue Richtlinie besser macht. Die Antwort ist relativ einfach. Denn im Gegensatz zur bestehenden Gesetzesgrundlage sieht die geplante Green Claims Directive nun einen zeitlichen Unterschied vor. Während Unternehmen nach dem UWG bei Falschaussagen erst nach der Veröffentlichung mit einer Abmahnung rechnen müssen (Ex-post-Verfahren), sollen sie nach der Green Claims Directive verpflichtet werden, vor der Veröffentlichung ein Prüfverfahren zu durchlaufen (Ex-ante-Verfahren).
Ähnlich zum UWG existiert bereits die europäische “Unfair Commercial Practices Directive”. Um Verbraucher vor irreführenden umweltbezogenen Aussagen zu schützen, wurde die Richtlinie “Empowering Consumers For The Green Transition” ergänzt. Diese Richtlinie befindet sich derzeit im europäischen Gesetzgebungsprozess (Trilog), mit einer Verabschiedung im November 2023. Die Richtlinie verbietet unbegründete umweltbezogene Aussagen und ergänzt die Green Claims Directive, die wiederum die Bedingungen für Unternehmen und die technische Umsetzung von umweltbezogenen Aussagen festlegt.
Zusammen mit anderen Richtlinien, wie den Regelungen zum Recht auf Reparatur, ist die Green Claims Directive Teil des Circular Economy Action Plans.
Fazit
Richtlinien gegen das Greenwashing gab es also auch vorher schon, immer wieder wurden diesbezüglich Klagen gegen Unternehmen erfolgreich durchgesetzt. Und doch wird das Thema jetzt nochmal verschärft und mit der Green Claims Directive rechtlich verankert. Unternehmen müssen sich in Zukunft nicht nur an wissenschaftliche Standards halten, sondern diese auch schon vorab mit verschiedenen Analysen belegen können.
Gewinner soll dabei letztendlich natürlich der Endverbraucher sein. Denn dieser wird sich zukünftig sicherer sein können, dass Nachhaltigkeitsversprechen auf dem Produkt auch wirklich der Realität entsprechen. Der Skepsis, die durch diverse Greenwashing-Skandale entstanden sein könnte, wird somit entgegengesteuert und Einkäufe können zukünftig wieder bewusster gestaltet werden.