Tim Lutz
11. Mai 2023

Materialstammdatenpflege: Herausforderungen und Lösungen

Materialstammdatenpflege: Herausforderungen und Lösungen

Eine saubere Materialstammdatenbank ist für jedes Unternehmen unerlässlich. Denn alle wichtigen Prozesse bauen auf diesen Daten auf und können nur so reibungslos funktionieren. In diesem Beitrag erklären wir Ihnen die typischen Probleme in Verbindung mit Materialstammdaten und zeigen Ihnen 3 Möglichkeiten, wie Sie derartigen Herausforderungen nachhaltig vorbeugen können.

Typische Herausforderungen in der Materialstammdatenpflege

Die folgenden Probleme sind uns in der Vergangenheit bei der Zusammenarbeit mit diversen Kunden häufiger begegnet, vielleicht kennen Sie also bereits einige dieser Herausforderungen:

Dubletten im System

An oberster Stelle steht dabei das Entstehen von Dubletten, also doppelt angelegte Materialien. Warum das passiert, kann sehr viele unterschiedliche Gründe haben, ein typisches Szenario geht so: Materialien können im System nicht gefunden werden. Der Nutzer geht davon aus, dass es fehlt (oder will sich eine lange Suche ersparen) und legt ein neues Material an. Schon entsteht eine Dublette.

In diesem Webinar sprechen wir darüber, welche Möglichkeiten Sie bei der Materialstammdatenpflege haben und welche der Lösungen die richtige für Ihr Unternehmen ist.

Fehlendes Berechtigungskonzept

Eine generelle Ursache ist aber auch der Umstand, dass schlicht zu viele verschiedene Mitarbeiter die Berechtigung zum Anlegen und Bearbeiten von Materialien haben. Denn zu viele Bearbeiter führen oftmals zu Fehlern. Grund dafür ist wiederum meist eine mangelnde Arbeitsorganisation, bzw. ein fehlendes Konzept.

Komplexe Prozesse, unklare Abläufe

Ein anderes Problem ist oft die schwierige Anlage eines Materials an sich. Das kann zum einen daran liegen, dass der Anlageprozesse etwas mühsamer ausfällt, weil der Nutzer sich mit den entsprechenden Transaktionen nicht gut genug auskennt (besonders in SAP nicht immer einfach). Grund dafür kann aber auch sein, dass der Prozesse selbst langwierig ist, da z. B. viele Abteilungen involviert sind und Abläufe nicht klar definiert sind.

Schlechte Stammdatenqualität

All das kann letztendlich dazu führen, dass die Qualität der gesammelten Stammdaten schlecht ist, was sich dann wiederum negativ auf sämtliche darauf aufbauende Prozesse (Auswertungen, Produktion, Einkauf) auswirkt.

Warum ist eine gute Materialstammdatenpflege so wichtig?

Die Gründe für eine gut organisierte Stammdatenpflege liegen auf der Hand. Die Durchführbarkeit vieler wichtiger Prozesse ist von der Materialstammdatenqualität abhängig. Und somit eben auch der wirtschaftliche Erfolg. Sind Prozesse zudem mit Automatisierungen verbunden, wird die Pflege umso bedeutsamer. Je reibungsloser und fehlerfreier Abläufe funktionieren, desto effizienter können die einzelnen Abteilungen im Unternehmen arbeiten und desto höher fällt der letztendlich erzielte Gewinn aus.

Zusätzlich bilden Stammdaten häufig die Grundlage für Entscheidungsfindungen, beispielsweise haben Auswertungen von Analysen (welche Merkmale aus Stammdaten miteinbeziehen) Einfluss darauf, ob ein bestimmtes Produkt noch weiter verkauft werden sollte oder eben nicht.

Ein weiteres Thema ist die Compliance, besonders bei kritischen Feldern, wie z. B. der Materialbewertung, ist eine Pflege extrem wichtig, da solche Felder unmittelbare bilanzielle Auswirkungen haben und regelmäßig geprüft werden müssen.

Grundlage für saubere Materialstammdaten

Wie bereits zuvor angesprochen, sind zu viele verschiedene Bearbeiter oftmals die Quelle für Fehler, wie z. B. Dubletten und falsche Einträge. Somit ist klar, dass keine Materialstammdatenpflege ohne eine gute Organisation funktionieren kann. Ein sauber ausgearbeitetes Konzept ist der Grundstein des gesamten Pflegeprozesses. Deswegen ist es umso wichtiger, dass vorab eine effiziente und durchgeplante Arbeitsorganisation erschaffen wird, bei der jeder Bearbeiter genau weiß, was seine Aufgabe ist. Dabei können u. a. diese Aspekte helfen:

  • Regelmäßiger Informationsaustausch und Berichtwesen: regelmäßiger Austausch untereinander und sorgfältige Berichte darüber, welche Änderungen in den Stammdaten vorgenommen wurden – wie gut funktioniert das Stammdatenmanagement momentan? (Qualitätskontrolle)
  • Standardisierte Stammdatenprozesse, Begriffsdefinitionen und feste Regeln: definierte Abläufe und Begriffe, damit jeder weiß, was gerade zu tun ist; klare Regeln bezüglich des Anlegens und Änderns (inkl. Löschens) von Stammdaten

Welche Werkzeuge gibt es?

Nun zeigen wir Ihnen anhand von Kundenbeispielen, welche Stammdatentools es in SAP gibt und wie Sie diese technisch umsetzen können.

SAP ERP-Tools

Bereits im Standard liefert SAP ein paar nicht zu unterschätzende Werkzeuge. Innerhalb der Transaktion MM01 (Materialstamm erstellen) in SAP MM lassen sich das Anlegen, Ändern und Anzeigen von Materialien über die Berechtigungen schon sehr gut einschränken. So wäre schonmal eines der häufigsten Probleme im Stammdatenmanagement gelöst.

Für bestimmte Nutzer würden einige der Reiter nicht mehr angezeigt werden, ergo sind sie in der Bearbeitung eingeschränkt und können nur Aktionen durchführen, zu denen sie auch berechtigt sind.

Zusätzlich kann man sich den Materialstatus als prozesssteuerndes Element zunutze machen, um eine Anlage über mehrere Abteilungen abzubilden. Ebenso gut funktioniert die Materialsuche über die Klassifizierungen, besonders bei genormten Materialien wie z. B. Schrauben und Muttern. Richtig geschult und genutzt lassen sich Materialien so sehr gut suchen und finden.

All diese Tools und Hilfen erhält man bereits ohne weitere Kosten im SAP Standard und richtig eingesetzt können damit in den meisten Unternehmen schon Verbesserungen erzielt werden.

So wie es bei einem unserer Kunden der Fall war: Dieser hatte zu Beginn das Problem, dass täglich um die 200 neue Materialstämme angelegt wurden, was bei einer Anzahl von knapp 600 Mitarbeitern schon eine erhebliche Menge darstellt. Das Ergebnis war ein Aufkommen von extrem vielen Dubletten im System und es waren weder eindeutige Zuständigkeiten noch Prozesse definiert. Zudem waren Informationen teilweise außerhalb des Systems angelegt, wodurch die Suche nach Materialien nicht nur aufwendig, sondern an einem bestimmten Punkt schlichtweg unmöglich wurde.

Unsere Lösung begann zunächst mit einer gemeinsamen Analyse der Prozesse und dem Aufbau einer Art Zielbild. Darauf aufbauend wurde ein Klassifizierungskonzept ausgearbeitet und umgesetzt, um den Prozess letztendlich zu vereinfachen und Materialien wieder auffindbar zu machen. Zudem wurden die Berechtigungen stark eingeschränkt und gleichzeitig Arbeitsvorräte mittels SAP Query aufgebaut. Zu guter Letzt wurden nochmal alle Prozessbeteiligten gründlich geschult, um jedem die Nutzung und Möglichkeiten der SAP Standard-Werkzeuge nahe zu bringen.

Das Ergebnis waren klare Zuständigkeiten und Berechtigungen, zusammen mit den Arbeitsvorräten wusste nun jeder, was er/sie tun soll und auch darf. Denn Funktionen, zu denen man nicht berechtigt ist, wurden einem nun fortan gar nicht mehr angezeigt. Zudem konnten die Dubletten durch saubere Klassifizierungen und Suchen zum Großteil verhindert werden. Die Qualität wurde durch sogenannte “MDM-Stewards” sichergestellt, welche ein Material am Ende des Durchlaufprozesses nach einer entsprechenden Prüfung final freigeben. Die Schulungen haben letztendlich noch zu einem allgemein besseren Bewusstsein bezüglich der Nutzung im SAP-System geführt.

SAP Master Data Governance

SAP MDG ist wiederum das Tool der SAP zur Stammdatenpflege, um quasi sämtliche Prozesse von Stammdaten abzubilden. SAP selbst redet von einer Plattform zur Konsolidierung, Bereinigung und Synchronisierung einer “einzigen Wahrheit” für Stammdaten innerhalb einer heterogenen Anwendungslandschaft. Technisch gesehen werden also die Stammdaten aller verknüpfter Systeme und Lösungen an einem Ort in MDG zentralisiert.

Somit werden auch alle Prozesse rund um die Stammdaten zentral in MDG abgebildet und von da aus dann wieder an die entsprechenden Systeme und Anwendungen gegeben. Das hat den klaren Vorteil, dass die gesamte Stammdatenpflege wesentlich einfacher und transparenter gestaltet wird.

SAP MDG in der Praxis

SAP MDG konnten wir erfolgreich bei einem Kunden implementieren, dessen Ausgangssituation mehrere SAP- und Nicht-SAP-Systeme über mehrere Standorte und Länder verteilt bedeutete. Somit waren keine harmonisierten Stammdaten vorhanden und sowohl die Kommunikation als auch der elektronische Datenaustausch schwierig. Manuelle Lösungsversuche sind aufgrund der Datenmasse am Aufwand gescheitert.

Zu Beginn haben wir direkt die Fachbereiche involviert und zunächst abseits der IT die wichtigen Prozesse und Felder definiert, also z. B. welches Feld ist wo und für wen wichtig? Hier besonders auch in Hinblick auf die länderübergreifenden Verbindungen. Um außerdem zu verhindern, dass Materialien einfach immer nur frei durchlaufen, wurden zusätzlich Genehmigungsprozesse an bestimmten Stellen aufgesetzt. Dieses Datenmapping wurde dann auch in allen Standorten und Subsystemen durchgeführt und mit Reporting-Anforderungen versehen, damit später regelmäßige Prüfungen der Datenqualität erfolgen können.

Das Ergebnis war, dass sämtliche Materialstammdatenpflege und -änderungsprozesse an den verschiedenen Standorten nun immer gleich abgewickelt werden konnten. Denn durch die Zentralisierung sind diese Prozesse für alle Beteiligten verständlich und nachvollziehbar geworden, da jeder über die gleiche Oberfläche in MDG arbeitet. Die automatischen Schnittstellen zu den Sub-Systemen verringerten zudem maßgeblich die Fehleranfälligkeit, zusätzlich ist die Qualität der Materialstammdaten nun jederzeit über Dashboards und Reports prüf- und abrufbar.

Während MDG also ein sehr mächtiges Werkzeug darstellt, sollte man vor einer Implementierung genügend Vorarbeit, v. a. in Form von Prozess- und Strukturanalysen, leisten und zunächst auch andere Möglichkeiten prüfen. Denn MDG ist lizenztechnisch nicht nur relativ kostspielig, die Integration vieler Sub-Systeme und Prozesse kann schnell zu extremem Aufwand führen und somit ebenfalls für hohe Kosten sorgen.

mindsquare Add-On

Das mindsquare Add-On für die Materialstammdatenpflege haben wir entwickelt, um vom Kosten-/Aufwandverhältnis eine Alternative zu bieten, die sich zwischen den beiden bisher genannten Möglichkeiten ansiedelt. Das haben wir zusammen mit einem Kunden beschlossen, welcher das Problem hatte, dass die Einführung eines Systems wie SAP MDG schlicht zu viel und unnötig überdimensioniert wäre. Die Daten sind wiederum so komplex, dass die bloße Nutzung der ERP-Tools zu viel Aufwand bereitet hätte.

Wie das mindsquare Add-On erfolgreich umgesetzt werden kann

Das mindsquare Add-On, welches im SAP ERP oder S/4HANA implementiert werden kann und den Pflegeprozess mit Automatisierungen und Prozesssteuerungen unterstützt, konnte hier als Lösung eingesetzt werden. Konkrete Funktionen sind beispielsweise Plausibilitäts- und Feldprüfungen: “Wenn Warengruppe A, dann erlaube nur Mengeneinheit STK und PAK” oder “Wenn Material in Status “Verkauf” geht – prüfe, dass Preise gepflegt sind”. Auf diese Weise kann man dann immer mehr Regeln hinterlegen, welche dynamisch im Hintergrund mitlaufen. Automatisierungen haben wir z. B. über Auto-Vervollständigungen realisiert: “Wenn Mengeneinheit STK, dann Pflege die Verkaufsmengeneinheit STK”. Über Kombinationen lassen sich also bestimmte Felder schon immer vorbefüllen, das gleiche gilt für Felder, die sich, bspw. in Bezug auf Zeiträume, schon aus anderen Feldern ableiten. Ebenso können Organisationseinheiten (Werke, Verkaufsorganisationen, …) in die Prüfungen und Auto-Vervollständigungen einbezogen werden.

Darüber hinaus bietet das Add-On eine weitere mächtige Funktion, welche im SAP Standard gar nicht vorhanden ist. Dabei handelt es sich um die Nutzung von erweiterten Arbeitsvorräten für die Prozesssteuerung. Das heißt, dass für jede Abteilung, die Materialien bearbeitet, Prüfungen zu einem bestimmten Prozessschritt definiert werden können. Gleichzeitig laufen diese Prüfungen zusammen mit den Auto-Vervollständigungen bei der Übergabe zur nächsten Abteilung weiter.

Zusammengefasst lässt sich das Add-On dynamisch an die eigenen Anforderungen anpassen und baut dabei auf den guten Basics der ERP-Tools auf. Es ist somit auch S/4HANA kompatibel. Sämtliche Regeln und Implementierungen sind außerdem jederzeit problemlos an neue Begebenheiten anpassbar. Somit wird eine größtmögliche Flexibilität in der Stammdatenpflege gewährleistet.

Fazit

Wir haben Ihnen nun also mehrere Möglichkeiten vorgestellt, mit denen Sie Ihre Materialstammdatenprozesse besser steuern und kontrollieren können. Um herauszufinden, was sich am besten für Sie eignet, sollten Sie vorab die eigenen Anforderungen und Bedürfnisse innerhalb Ihrer Fachbereiche prüfen. Kommt dabei heraus, dass keine speziellen Anforderungen von Nöten sind, reichen die ERP-Tools in den meisten Fällen komplett aus, sofern man sie richtig nutzt und ausreizen kann.

Beim Wunsch nach Automatisierungen stoßen die ERP-Tools jedoch an ihre Grenzen, das mindsquare Add-On könnte hier dann die richtige Wahl sein. Ist das eigene Unternehmen jedoch relativ groß und über mehrere Standorte und Länder verteilt, kann SAP MDG mithilfe von Zentralisierung, definierten Workflows und präzisen Reportings die beste Wahl darstellen. Hierbei ist aber immer mit höheren Kosten und Aufwandszeiten zu rechnen.

Haben sie weitere Fragen?

Tim Lutz Ansprechpartner

Individuelle Hilfe bei Ihren Stammdatenprozessen

Falls Sie nun mehr über die verschiedenen Tools wissen möchten oder Hilfe bei Ihren Stammdatenprozessen benötigen, können Sie uns gerne kontaktieren. In ersten Gesprächen würden wir zusammen Ihre individuelle Ausgangslage analysieren und darauf aufbauend zusammen die passende Lösung finden.

Tim Lutz

Tim Lutz

Mein Name ist Tim Lutz und ich bin der Bereichsleiter IT für Produktion und Logistik. Ich beschäftige mich schon seit vielen Jahren mit Logistiklösungen im SAP Umfeld.

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